Lehrstuhl für Komparatistik
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Melina Brüggemann, Lektorin

Tätigkeit: Lektorin in einem Publikumsverlag

Studiengänge: Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft

Universitäten: Ludwig-Maximilians-Universität München, Université Paris-Sorbonne IV, Princeton University

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Stellen Sie Ihren Beruf kurz vor.

Ich arbeite als (Junior-)Lektorin für die Ullstein Buchverlage in Berlin und unterstütze dort aktuell den Aufbau eines neuen Imprints.

Wie sieht Ihr Berufsalltag aus?

Tatsächlich verbringt man, anders als viele denken, nicht den gesamten Tag damit, Manuskripte zu lesen … dafür aber die Abende. Das Prüfen von Texten ist ein Hauptbestandteil des Alltags einer Lektorin, ebenso wie die Akquise von neuen Buchprojekten und die Entdeckung von Autor:innen. Der regelmäßige Austausch mit Literaturagent:innen, Literaturscouts, Literaturvermittler:innen und Übersetzer:innen ist dafür unerlässlich – genauso wie eine gute Kenntnis des Buchmarkts. In der täglichen Arbeit nehmen die Zusammenarbeit mit Autor:innen und das Lektorieren von Texten, die im Verlagsprogramm veröffentlicht werden, sowie das allgemeine Projektmanagement viel Zeit und Raum ein. Darüber hinaus werden Cover gebrieft, Verlagsvorschauen für den Handel erstellt, Metadaten und -texte produziert, Umschlagtexte geschrieben, Druckfahnen korrigiert und vieles mehr.

Kurz zusammengefasst: Im besten Fall gelingt es, gute Texte noch ein kleines bisschen besser zu machen, ihren Entstehungs- und Veröffentlichungsprozess unterstützend zu begleiten und sie mit Sorgfalt und Engagement in die Buchläden, Medien und – am wichtigsten – zu den Leser:innen zu bringen.

Wie hat Sie die AVL in Ihren Beruf gebracht?

Den Wunsch, in einem Verlag zu arbeiten, hatte ich bereits zu Beginn meines Studiums, allerdings stand währenddessen für mich neben verschiedenen Praktika und Nebenjobs vor allem das wissenschaftliche Arbeiten im Vordergrund. Zwischen einem Auslandssemester und meiner Masterarbeit absolvierte ich dann ein dreimonatiges Praktikum im Lektorat von Hanser Berlin im Carl Hanser Verlag. Anstelle eines üblichen Volontariats entschied ich mich nach meinem Studium für eine Stelle als Assistentin des Verlegers bei Ullstein – und bin mittlerweile Teil des Lektorats dort.

Die AVL selbst hat mich nicht in den Beruf gebracht, die wissenschaftliche und theoretische Ausbildung hat mit der praktischen Tätigkeit in der Buchbranche letztlich wenig zu tun. Und auch wenn ich mir während des Studiums mehr Berufsperspektiven gewünscht hätte, verstehe ich rückblickend auch – zumindest zum Teil –, warum dies nicht zur Hauptaufgabe der Geisteswissenschaft gehört. Zugleich hilft mir mein Studium jeden Tag dabei, Texte einzuordnen, Worte zu finden, um über sie zu sprechen, mich in verschiedenste Inhalte einzuarbeiten, Strukturen zu erkennen und Ambivalenzen auszuhalten.

Diese inhaltliche Ebene ist aber losgelöst von der formalen, zeitlichen und ökonomischen: Praktikumsplätze im Literatur- und Kulturbetrieb sind für den Berufseinstieg fast immer notwendig, aber meist begrenzt und schlecht oder gar nicht bezahlt.

Was ist das Wichtigste, das Sie während des Studiums für Ihren Beruf gelernt haben?

Lesen, Schreiben und Denken. Das mag selbstverständlich klingen, ist es für mich aber keineswegs.

Was am Studium der AVL in München ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Das Institut in München ist für mich insbesondere im Masterstudium ein wissenschaftliches Zuhause geworden, und in meinem vieles infrage stellenden ersten Semester hätte ich nie gedacht, dass ich einmal mit so viel Dankbarkeit und Nostalgie an meine Zeit dort zurückdenken würde. Ich habe viele Seminare besucht, die mein Denken verändert haben, an prägenden Diskussionen und Kolloquien teilgenommen, konnte das Institutsleben als Fachschaftsmitglied aktiv mitgestalten, als Tutorin Erstsemester betreuen, als wissenschaftliche Hilfskraft Forschungsprojekte unterstützen, ins Ausland gehen, eigene Veranstaltungen mit Kommiliton:innen organisieren, und wurde auf eigentlich allen Ebenen gefordert und gefördert. Was mir aber besonders in Erinnerung bleibt, sind die engagierten Studierenden und die Offenheit, mit der ihnen und ihrem kritischen Denken in den meisten Fällen begegnet wird.

Wenn heute Ihr erster Studientag wäre – Gibt es etwas, das Sie anders machen würden?

Nicht nur etwas, sondern viel! Ich würde viel mehr Fragen und Nachfragen stellen, keine Angst vor vermeintlicher Banalität und keine Ehrfurcht vor unnötigen Verkomplizierungen haben. Ich würde im Seminarraum versuchen, mehr miteinander zu sprechen, als nach- und nebeneinander. Die Seminarpläne und Lektürelisten kritischer hinterfragen. Ein anderes Nebenfach wählen. Und ich würde versuchen, den gesellschaftlichen und politischen Außenraum stärker und aktiver in den Seminarraum hineinzutragen, mehr Eigeninitiative zu ergreifen und in Form von selbst organisierten Lesungen, Diskussionen und Schreibprojekten noch reger an gegenwartsliterarischen Diskursen teilzunehmen.