Lehrstuhl für Komparatistik
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Dr. Anna-Lisa Dieter, Kuratorin

dieter_super_kleinName: Dr. Anna-Lisa Dieter

Beruf: Kuratorin

Studiengänge: AVL, Romanistik, Germanistik

Universitäten: Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, Université de Bourgogne Dijon, Ludwig-Maximilians-Universität München, Columbia University New York, als Lehrende: Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, Universität Konstanz

Stellen Sie Ihren Beruf kurz vor.

Wo und in welcher Tätigkeit arbeiten Sie?

Bei BIOTOPIA, dem neuen Naturkundemuseum in München, als Kuratorin.

Wie sieht Ihr Berufsalltag aus?

Im kuratorischen Team konzipieren wir die Dauerausstellung des zukünftigen Museums. Sie ist nach den Verhaltensweisen organisiert, die alle lebendigen Wesen – Pflanzen, Tiere, dazu gehören auch Menschen – verbindet: Schlafen und Träumen, Wahrnehmen und Kommunizieren, Bauen und Gestalten, Essen und Trinken, Bewegen und Wandern, Kämpfen und Verteidigen, Flirten und Fortpflanzen. Zudem kuratiere ich in diesem Jahr das Vortragsprogramm unseres Festivals zum Thema „Sinne: Die Welt durch andere Augen sehen“ sowie ein Display, das die Themen des Festivals einführend präsentiert.

Wie hat Sie die AVL in Ihren Beruf gebracht? Und wann und warum haben Sie sich für diesen Beruf entschieden?

2017 habe ich mich erstmals für die wissenschaftlich-kuratorische Arbeit in einem Museum interessiert und mich beim Deutschen Hygiene-Museum in Dresden beworben. Ich wollte gerne weiterhin wissenschaftlich-inhaltlich, aber an der Schnittstelle zu einer größeren kulturell interessierten Öffentlichkeit arbeiten. Der in Deutschland einzigartige kulturwissenschaftliche Ansatz des Hygiene-Museums, die Kombination aus Wissenschaft, Kunst, Museums- und Alltagsobjekten in stark an der Gegenwart orientierten Ausstellungen, hat mich fasziniert. In Dresden war ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Team der Ausstellung „Future Food. Essen für die Welt von morgen“ tätig und habe mich dann auf die Stelle einer Kuratorin bei BIOTOPIA beworben. Hier hat mich die Möglichkeit gereizt, eine Institution von Grund auf mit aufzubauen und gemeinsam eine neue Vision für ein Naturkundemuseum des 21. Jahrhundert zu entwickeln, die auch drängende zeitgenössische Diskurse wie die Klimakrise und den Biodiversitätsverlust miteinbezieht sowie die Provenienzforschung auf das Feld der Naturkunde überträgt.

Was ist das Wichtigste, das Sie während des Studiums für Ihren Beruf gelernt haben?

Denken, Sprechen, gedankliche Komplexität Aufbauen und Reduzieren, Unverständlichkeit, Widersprüche und Nichtwissen Aushalten, trotzdem nach Klarheit Suchen, der Satz einer Professorin: Kinderfragen sind oft die schwierigsten Fragen. All das hilft sehr beim Konzipieren von Ausstellungen.
Dann Lesetechniken wie das Close Reading, das sich auch auf Phänomene der Naturkunde und Naturwissenschaft beziehen lässt. Auch die Lust am interdisziplinären Arbeiten verdanke ich dem AVL-Studium. Im Museum setzen wir es tatsächlich um, indem immer eine Naturwissenschaftlerin mit einer Kulturwissenschaftlerin im Tandem an einem Ausstellungsthema arbeitet.
Die Arbeit an der Dissertation war vor allem eine wichtige Schule des Schreibens, die mir das Verfassen von Texten im Arbeitsalltag erleichtert und es mir zudem ermöglicht, nebenbei als freie Autorin für Zeitungen und Verlage tätig zu sein.

Welche weiteren Erfahrungen im Studium sind für Sie wichtig für Ihren Beruf?

Die intensiven Diskussionen auch über die Seminare hinaus, bei denen ich sehr viel über die Möglichkeiten und Grenzen sowie die Moderation von Gesprächen gelernt habe. Das ist bei jeder Sitzung oder Präsentation hilfreich. Wer die Diskussionskultur der Münchener Literaturwissenschaft gewohnt ist, dem wird es in jeder anderen Institution mühelos gelingen, die eigene Position zu behaupten.

Was am Studium der AVL in München ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Die Begegnung mit unterschiedlichen Kulturen und Typen von Gelehrsamkeit – die Diva, der Guru, der Underdog, der Überflieger etc. – war eine prägende Erfahrung.
Aber auch die schöne Ernsthaftigkeit in den AVL-Seminaren und die unhinterfragte Relevanz der literaturwissenschaftlichen Gegenstände, auch des Kanons, die Auseinandersetzung mit schwer verständlicher, aber aufregender Theorie.

Wenn heute Ihr erster Studientag wäre – gibt es etwas, das Sie anders machen würden?

Im Rückblick wäre ich gerne etwas weniger vom akademischen Kosmos beeindruckt gewesen. Weniger Reibung an Personen und institutionellen Strukturen, mehr Fokus auf Inhalte und Wissen. Aber das kann man natürlich erst nachträglich zur Erfahrung als Wunsch formulieren.